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Revolte auf Côte 3018 – Die Bergbahn

Daniel Mufson

Falls sich jemand fragt, welche Zeitung der allmächtige Gott liest, es ist „Die Welt“. Er spricht auch kein Hochdeutsch, sondern einen bayerischen Dialekt. Das alles offenbart Andreas Merz’ Inszenierung von Ödön von Horváths „Revolte auf Côte 3018 – Die Bergbahn“. In das Volksstück über einen tödlichen Konflikt zwischen Arbeitern und Geschäftsführung beim Bau der Zugspitzbergbahn fügt Merz einen Ausschnitt aus Rudolf Steiners „Oberuferer Paradeisspiel“ ein, in dem die Geschichte von Adam und Eva dramatisiert wird, und macht allerlei Anleihen bei der Comedy: Schauspieler im Transenfummel, selbstreferenzielle Witze über Doppelrollen und die plötzliche Aufhebung theatralischer Illusionen.

Eine Mischung von Tragik und Komik ist für Horváth nicht ungewöhnlich, in seinem Frühwerk „Die Bergbahn“ allerdings noch wenig ausgeprägt. 1927 wurde es in den Hamburger Kammerspielen uraufgeführt, eine zweite Fassung des 27-Jährigen kam 1929 an der Volksbühne heraus. Es zeigt Horváth bereits als zeitkritisch-kämpferischen Autoren, der gegen „die Dummheit und die Lüge“ und für „die Vernunft und die Aufrichtigkeit“ schreiben will. Merz opfert die Aufrichtigkeit nun zugunsten der Unterhaltung und bürstet das Stück erfolgreich auf ironische Komödie um, mit Song und Dance, Anachronismus und Spott. Auch seine Schauspieler agieren mit so viel Elan, dass die Auslöschung des Tons Horváths fast so wenig stört, wie die Tötung der Bergbahnarbeiter.

Erst erschienen in Zitty, 24. Februar – 9. März 2011, S. 72. “Revolte auf Côte 3018 – Die Bergbahn”: Die Volksbühne. Regie: Andreas Merz; mit Frank Büttner, Inka Löwendorf, Mex Schlüpfer.

2 Comments
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